Ein Aufnahmezustand.

Im 200. Geburtsjahr des tschechischen Komponisten Bedřich Smetana, der im 19. Jahrhundert mit seiner symphonischen Dichtung „Die Moldau“ eins der bekanntesten Musikstücke zu einem Fluss schuf, begibt sich La Pesch drei Wochen lang auf eine Reise von den Quellen bis zur Mündung des Flusses. Wie klingt der Fluss wirklich? Was hat sich seit Smetanas Zeit verändert? Mit verschiedenen Mikrofonen, Versuchsanordnungen und in Begleitung ihres Hundes setzt sie sich dem Fluss intensiv aus, ergründet sein Wesen, seine Landschaften, wie sie als Mensch und ihr Hund als nicht-menschliches Wesen dem Fluss begegnet und in was für Zustände die Klänge des Flusses sie versetzen. Sie nähert sich der Moldau mit der Schablone Smetanas Werk im Kopf, wird eins mit dem Fluss und entzweit sich.
Entstanden ist ein etwa einstündiges Flusserleben in Surround Sound, das sanft die Ohren umspült, beobachtend dahin plätschert, die Sinne flutet, alles mitnimmt, den Boden unter den Füßen wegreißt. Teils übersetzt La Pesch musikalische Strukturen des Originals in Field Recordings, wie etwa die Verdichtung zweier Quellflüsse zum Hauptthema der Komposition. Teils kontrastiert sie den von Smetana abgebildeten historischen Zustand der Moldau mit ökologischen Veränderungen, wie etwa im Kapitel „St. Johann Stromschnellen“, die heute dem Štěchovice Stausee gewichen sind. Dabei fordert sie das von Smetana beschworene naturalistische und nationalistische Idyll mit Störungen heraus.
Sie reibt sich am Original, hinterfragt, vergleicht, durchschreitet, überwindet, findet neu und stößt um, bahnt sich ihren Weg durch’s Dickicht, schwimmt, taucht ab, nimmt wahr, beobachtet auch ihren Hund bei seiner Annäherung an den Fluss und macht eine Bestandsaufnahme mit erweiterten Field Recordings. Sie erweitert ihre Aufnahmetechniken für Umgebungsgeräusche, um die Aufnahme auch ihrer rhythmischen, narrativen, stimmlichen und körperlich performativen Annäherungen an den Fluss. Denn jede menschliche Annäherung an den Fluss entkommt zwangsläufig dem Menschen nicht. So wird sie Teil ihrer Komposition. Zwischen naturalistischen Feldaufnahmen und künstlerischen Interpretationen entsteht ein vielschichtiges Porträt – Vom Fluss? Von ihr? Eines Zustands? Die Beantwortung der Fragen bleibt dem Publikum nach dem Auftauchen aus dem reißenden Strom selbst überlassen.
18-minütiger Ausschnitt aus der 66-minütigen Komposition
(binauraler Mixdown von 32.2 Kanälen Ambisonics)

Field Recordings, Stimme
La Pesch
Produktion
GERÄUSCHKULISSE 2024
Förderungen
Musikfonds, Kulturamt Stadt Leipzig
Text, Komposition
La Pesch
Residenzen
phonon~ SPATIAL, ZiMMT
Fotos
Carina Pesch
Verräumlichung, Mix
La Pesch
Aufführungen
ZiMMT 2024, Hear Me! Festival 2024


















































