Kleine Matrosen auf Sandbank gestrandet

Seemannsabenteuer für Schüler bei der Boarding Next Generation / Erstmals konnten auch Jugendliche mit Behinderung beim Jade Weser Port Cup 2007 mitsegeln.

Noch ist der Bontekai am Großen Hafen ganz ruhig, das Wasser plätschert und sonst passiert nicht viel. Doch es liegt etwas in der Luft. Ab und zu schiebt sich die alte hundertjährige Kaiser-Wilhelm-Brücke mit leisem Ächzen auf, gibt den Weg frei und jedes Mal schippern zwei oder drei prächtige Segelschiffe durch die alte Brücke in den Hafen und legen am Bontekai an. Einige Stunden noch und der Kai wird von vorne bis hinten von Schiffen gesäumt sein. Der sechste Jade Weser Port Cup kann beginnen.

Den Auftakt gab auch 2007 die junge Generation: Boarding Next Generation, heißt das Projekt, das den jungen Menschen das Großvorhaben der Wilhelmshavener Wirtschaft näher bringen soll. Da der Jade Weser Port – der Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven – vor allem der nächsten Generation Perspektiven aufzeigen soll, hat es sich die Wilhelmshavener Wirtschaft zum Ziel gemacht, die jungen Menschen für den neuen Hafen zu begeistern. Und so durften sie zum zweiten Mal als erste beim Cup mitsegeln.

Rund 550 Schüler strömten am Freitag, den fünften Oktober 2007, auf die Schiffe, die frisch eingelaufen auf sie warteten. Grundschüler, Gymnasiasten, Berufsschüler und Pädagogen – alle waren sie gekommen, um Segel zu setzen, Leinen einzuholen und sich die Seeluft um die Nasen wehen zu lassen. Zum ersten Mal waren beim Jade Weser Port Cup auch Kinder und Jugendliche mit Behinderung an Bord der Traditionssegler.

So zum Beispiel auf der Swaensborgh: Etwa 20 Bewohner und Betreuer der Wohngruppe Windrad kletterten an Bord und segelten zusammen mit der Crew. Mit dabei waren auch angehende Pädagogen der Berufsbildenden Schulen und Schüler der Cäcilienschule. Dabei zeigten die Windrad-Bewohner die größte Begeisterung für’s Segeln. Sie lernten, wie man die Leinen mit einem ordentlichen Achterknoten ans Nagelbrett hängt, wie man gemeinsam Segel setzt und durften sogar das Steuerrad bedienen.

Unter Deck legte Kapitän Arjen Schlagermusik auf, denn das tuen holländische Segler gerne. Die Windradbewohner tanzten, schun- kelten und lachten. Draußen auf Deck schien mittlerweile die Sonne. Die Schüler waren froh über wärmende Sonnenstrahlen, doch echten Seglern liegt mehr am Wind. Der dachte jedoch gar nicht daran, sich blicken zu lassen und so fuhren die stolzen Schiffe zwar vollbetucht, doch schon schnell mit Motorgeräuschen.

Nicht nur der Wind hatte sich gegen die jungen Segler verschworen, auch die Ebbe überraschte die Boarding Next Generation. Der Schoner Luciana schipperte in der Flaute zu weit gen Ufer und lief Grund. Sofort eilte die Swaensborgh herbei, um die Gestrandeten zu retten. Ein Tau wurde der Luciana mit einem roten Motorboot gebracht und schon bald spannte sich das dicke Tau zwischen den beiden Schiffen. Es war zum Zerbersten gespannt, auf der Swaensborgh wurden die Schüler in Sicherheit gebracht. Was geschehen würde, wenn das Tau reiße, daran wagte niemand zu denken. Kapitän Arjen war in großer Sorge.

Unterdessen scheu- chte der Kapitän der Luciana seine junge Crew von back- nach steuerbord. Er ver- suchte den mächtigen Schiffsleib vom Grund loszurütteln, doch da hätte er sich vielleicht eine schwergewichtigere Besatzung wählen sollen. Eine Horde von Sumoringern hätte das Schiff vielleicht befreien können, die Schüler an Bord der Luciana schafften es jedoch nicht. Auch der Abschleppversuch misslang und so musste die junge Crew der Luciana die Flut abwarten. Grölend, lachend, von back- nach steuerbord rennend winkte sie den übrigen Schiffen hinter her, die sich beeilten die nächste Schleuse zu erwischen.

Nach dem Schleusen warteten Verwandte, Bekannte und Neugierige am Bontekai, um die jungen Matrosen zu begrüßen. Manch einer an Bord fühlte sich wie nach langer Abenteuerreise heimgekehrt, manch einer war froh wieder festen Boden unter den Füßen zu haben und wieder andere wollten das Deck gar nicht wieder verlassen. Die Wohngruppe Windrad überlegte sogar, einmal einen längeren Segeltörn zu unternehmen.

(Text von Carina Pesch, Bilder von Carina Pesch und GPS, Windrad)

Anmerkung: Der Artikel ist im Jade Weser Port Cup Magazin 2008 erschienen.